Vertreter und Vertreterinnen der Kooperationsvereinbarung Landwirtschaft und Naturschutz stehen gemeinsam mit der

Hessisches Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt, Weinbau, Forsten, Jagd und Heimat

Hessische Landesregierung und Verbände stärken artenreiche und natürliche Agrarlandschaften

Ministerpräsident Volker Bouffier und Umweltministerin Priska Hinz: „Gemeinsam mehr erreichen – das ist unser Leitbild für die Zusammenarbeit von Landwirtschaft und Naturschutz in Hessen“

Lesedauer:6 Minuten

Die Hessische Landesregierung hat heute gemeinsam mit Landwirtschafts- und Naturschutzverbänden eine Kooperationsvereinbarung unterzeichnet und stellt zusätzlich rund 15 Millionen Euro Landesmittel für Naturschutzleistungen der Landwirtinnen und Landwirte bereit. „Gemeinsam mehr erreichen – das ist unser Leitbild für die Zusammenarbeit von Landwirtschaft und Naturschutz in Hessen,“ erklärten Ministerpräsident Volker Bouffier und Umweltministerin Priska Hinz heute bei der Unterzeichnung der Kooperationsvereinbarung Landwirtschaft und Naturschutz in Hessen 2021 mit Interessensvertretungen aus den Bereichen Landwirtschaft und Naturschutz.

Die Landwirtschaft erbringt zahlreiche Leistungen für den Umwelt-, Klima- und Naturschutz, die besser honoriert werden müssen. Gleichzeitig soll auch den berechtigten Forderungen der Naturschutzverbände für einen gezielteren Schutz der Artenvielfalt in den hessischen Agrarlandschaften Rechnung getragen werden. Ministerpräsident Volker Bouffier hat daher Umweltministerin Priska Hinz gebeten, einen Runden Tische ins Leben zu rufen. In intensiven und konstruktiven Verhandlungen haben sich alle erfolgreich auf eine Vereinbarung geeinigt. Die Teilnehmenden freuen sich, dass sie in nur wenigen Monaten Ergebnisse erzielen konnten, die langfristig und nachhaltig die Kooperation zwischen Landwirtschaft und Naturschutz in Hessen stärken werden. Jenseits der europäischen Agrarförderung müssen auch die Spielräume auf Landesebene weiter genutzt werden.

Der Runde Tisch wird auch zukünftig zusammenarbeiten, um eine positive Entwicklung von Naturschutz gemeinsam mit der Landwirtschaft in Hessen voranzubringen.

„Gemeinsam haben wir hier in der Hessischen Staatskanzlei beschlossen, den Runden Tisch Landwirtschaft und Naturschutz ins Leben zu rufen. Und gemeinsam stellen wir heute die Ergebnisse der Verhandlungen vor. Es ist das erklärte Ziel der Hessischen Landesregierung, mit den Menschen in den Dialog zu treten und gemeinsam an der Zukunft unseres Landes zu arbeiten. Dieser Weg ist lohnend, das zeigt auch diese Vereinbarung zwischen der Landesregierung und den Vereinen und Verbänden der Landwirtschaft und dem Naturschutz. Wir werden auch weiterhin alles dafür tun, die Landwirtschaft in unserem Land zu stärken, denn sie trägt maßgeblich zum Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlage bei. Ich freue mich sehr, dass es gelungen ist, diese Vereinbarung auf den Weg zu bringen. Gemeinsam leisten wir einen wertvollen Beitrag für den Natur- und Artenschutz in unserem Land“, erklärte der Hessische Ministerpräsident Volker Bouffier.

„Der Kampf gegen die Klimakrise und den Verlust unserer Artenvielfalt gehören zu den größten Herausforderungen unserer Zeit. Wir müssen alle an einem Strang ziehen und unsere Anstrengungen nochmals deutlich verstärken, damit wir diese Entwicklung aufhalten. Wir können in Hessen stolz darauf sein, dass wir es geschafft haben, gemeinsam mit den Verbänden aus Landwirtschaft und Naturschutz eine Vereinbarung zu schließen. Mit dieser Vereinbarung werden wir bedrohte Feldarten, wie den Feldhamster und ihre Lebensräume schützen, die Gewässerqualität verbessern und Ackerflächen schaffen, wo sich die Natur frei entfalten kann, Insekten auf Blühflächen Nahrung finden und keine Pflanzenschutzmittel mehr eingesetzt werden. Mit zusätzlichen Landesmitteln von 15 Millionen Euro sorgen wir dafür, dass die Landwirtinnen und Landwirte für mehr Naturschutz in der Landwirtschaft auch entsprechend entlohnt werden,“ erklärte Umweltministerin Priska Hinz.

Statements

„Es gibt viel zu tun, um mehr Naturschutz in die hessische Landwirtschaft zu bringen. Wir freuen uns daher sehr, dass der Runde Tisch von der Landesregierung initiiert wurde und wir auf Augenhöhe mit den Akteuren der Landwirtschaft das Abschlussdokument einvernehmlich abstimmen konnten – für mehr Artenschutz, Tierwohl, Biodiversität, die Stärkung regionaler Lieferketten und den Klimaschutz in Hessen.“

„Die Kooperationsvereinbarung Landwirtschaft und Naturschutz bietet die Chance, Biodiversität, Insektenschutz und Gewässergüte in Kooperation mit den landwirtschaftlichen Betrieben in Hessen zu verbessern. Wir sind von dem kooperativen Ansatz der Vereinbarung im Gegensatz zu ordnungsrechtlichen Maßnahmen überzeugt.

Die Vereinbarung ist ein logischer und notwendiger Schritt, die von den hessischen Landwirtinnen und Landwirten erbrachten Leistungen zum Schutz der natürlichen Ressourcen adäquat zu honorieren. Wir verstehen die Vereinbarung als klares Bekenntnis zum Zukunfts- und Landwirtschaftsstandort Hessen mit wirtschaftlich tragfähigen Betrieben.“

"Landwirtschaft und Naturschutz sind kein Gegensatz. Die erzielte Kooperationsvereinigung zeigt, dass Kompromisse und Lösungen gefunden werden können, die gleichermaßen für Landwirtschaft und Naturschutz bessere Zukunftsperspektiven bieten. Die Vögel des Offenlandes, der Feldhamster und die Insekten können nur gemeinsam gerettet werden."

„Die Hessische Landjugend sieht die getroffene Vereinbarung als zukunftsweisenden Weg, um die kommenden Herausforderungen gemeinsam als Gesellschaft erfolgreich bewältigen zu können. Hier wird auch nochmals deutlich, dass Naturschutz nur mit uns Junglandwirtinnen und -landwirten erfolgreich sein kann. Die Vereinbarung gibt uns Junglandwirtinnen und -landwirten die nötige Grundlage auch in Zukunft unsere heimischen Äcker bewirtschaften zu können und die Bevölkerung auch weiterhin mit ausgezeichneten Lebensmitteln aus der Region versorgen zu können.“

„Der Leitspruch unserer Basisbewegung ist immer ‚Redet mit uns, nicht über uns‘. Der Runde Tisch war der Ort und die Kooperationsvereinbarung ist das Ergebnis dieser Gespräche und unserem Bestreben, dass Natur- und Artenschutz nur mit den hessischen Landwirten und nicht auf Kosten der landwirtschaftlichen Betriebe funktionieren kann. Wichtig war es für uns auf Zielkonflikte zwischen Naturschutz und regionaler Lebensmittelproduktion hinzuweisen und zusammen mit den beteiligten Naturschutzverbänden und dem Hessischen Umweltministerium diese abzuwägen und zu Lösungsansätzen zu kommen, die auch immer wieder überprüft und nachgehalten werden. Die hessischen Landwirte haben ein hohes Engagement für die Natur als ihre Lebensgrundlage und können als Fachleute Maßnahmen zum Schutz der Biodiversität für die Gesamtgesellschaft umsetzen, nur eben nicht zum Nulltarif.“

„Wir brauchen eine Landwirtschaft, die die Artenvielfalt fördert, Böden und Grundwasser schont, gesunde Nahrungsmittel erzeugt und der bäuerlichen Landwirtschaft eine wirtschaftliche Perspektive gibt. In mehreren dieser Bereiche besteht dringender Handlungsbedarf. Der NABU Hessen begrüßt die im Dialog entstandene Vereinbarung als ersten Schritt zu einer nachhaltigen Landbewirtschaftung und drängt auf schnelle Umsetzung der vereinbarten Punkte. Ein Anfang ist gemacht, der Dialog muss weitergehen.“

„Die Kooperationsvereinbarung ist eine dringend notwendige Allianz von Landwirtschaft und Naturschutz, die auch in Zukunft noch vieles bewegen kann. Das Sofortprogramm beweist einmal mehr, dass es gemeinsam vieles gestaltet werden kann, was gegeneinander nie möglich geworden wäre Die drängenden ökologischen Herausforderungen benötigen eine intensive Zusammenarbeit aller Akteure im ländlichen Raum“

Maßnahmen im Überblick

Insgesamt wird das Land Hessen zusätzliche 15 Millionen Euro jährlich in die Hand nehmen, um den Naturschutz in der Landwirtschaft zu stärken. Allein für Verträge mit der Landwirtschaft werden daraus 7 Millionen Euro in 2022, 10 Millionen Euro in 2023 und 13 Millionen Euro in 2024 bereitgestellt.

Das Land Hessen wird die Biodiversitätsberatung beim Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH) mit zusätzlichen Fachkräften deutlich ausweiten. Flächendeckend sollen alle Landwirtinnen und Landwirte zu geeigneten Natur- und Artenschutzmaßnahmen vor Ort beraten und vernetzt werden. Auch die Landschaftspflegeverbände werden bei der Beratung eng eingebunden. Alle Beteiligten des Runden Tisches haben hierfür ihre Unterstützung zugesichert. Bis 2023 soll es in allen hessischen Landkreisen einen Landschaftspflegeverband geben. Der Ausbau und die Fortentwicklung der Biodiversitätsberatung wird zudem von einem Gremium begleitet, dass paritätisch mit Mitgliedern aus den Bereichen Landwirtschaft und Naturschutz besetzt sein wird. Darüber hinaus wird das Land Hessen ein Netz von Demonstrationsbetrieben aufbauen, die sich erfolgreich für die Artenvielfalt einsetzen. Von diesen Erfahrungen sollen andere Landwirtinnen und Landwirte profitieren.

Das Land wird eine Strategie zur weiteren Verringerung der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln erarbeiten, die auch ein Monitoring beinhalten wird. Die Beteiligten am Runden Tisch streben eine weitere Reduzierung des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln bis zum Jahr 2030 um 30 Prozent der Menge an. Durch den hohen Anteil an ökologisch bewirtschafteter Fläche von 16 Prozent ist Hessen bereits auf einem sehr guten Weg bei der Reduzierung. Ziel ist, bis 2025 den Anteil an Ökoanbaufläche auf 25 Prozent zu steigern. Bis 2028 soll darüber hinaus ein landesweiter Biotopverbund geschaffen werden, der auch 15 Prozent der Fläche des Offenlandes (Gebiete, die nicht zum Siedlungsraum oder Wald zählen) umfasst. Zur Erreichung des 15 Prozent-Ziels im Offenland müssen jedoch weitere Landschaftselemente einbezogen und für den Biotopverbund aufgewertet werden. Dafür kommen Gewässerrandstreifen, Wegraine, Hecken und Baumreihen in Betracht, die jedoch dauerhaft ökologisch aufgewertet werden müssen.

Das Land Hessen wird die gewässerschutzorientierte, landwirtschaftliche Beratung fortsetzen und die notwendigen Haushaltsmittel zur Verfügung stellen. Um der natürlichen Entwicklung von Gewässern in Hessen noch mehr Raum zu geben, soll langfristig auf zehn Metern rechts und links entlang von Bächen und Flüssen auf freiwilliger Basis keine landwirtschaftliche Nutzung mehr stattfinden. Fünf Millionen Euro jährlich wird das Land langfristig bereitstellen, um dafür auch Flächen ankaufen zu können. Pro Jahr sollen an 1.000 km Gewässerstrecke die landwirtschaftlichen Nutzflächen zur Gewässerentwicklung bereitgestellt werden durch z.B. freiwilligen Flächentausch oder durch die Förderung von Gewässerrandstreifen.

Umwelt- und Naturschutzauflagen in der Landwirtschaft müssen fachlich gut begründet und transparent sein. Dafür wird u.a. ein Insektenmonitoring ausgebaut, das Grundwassermessstellen-Netz verdichtet und die Bewertung von Maßnahmeneffekten durch das Hessische Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) ausgeweitet, damit auch die Auswirkungen auf die Bewirtschaftung im Blick behalten werden.